Bundestagswahl 2025: Migration - Fakten, Fragen und ein Lösungsansatz

Im Bundestagswahlkampf 2025 gibt es verschiedene Themen, die rauf und runter diskutiert werden. Eines der Top-Themen: Die Migration. Spätestens seitdem die Union im Bundestag mit Hilfe der AfD einen Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik durchgebracht hat.

Beamten der Bundespolizei stehen vor einem unerlaubt eingereisten Migrant (M). der nahe Forst (Lausitz) aufgegriffen wurde
© picture alliance/dpa | Patrick Pleul

Migration ist das Thema, das kurz vor der Bundestagswahl 2025 viele bewegt. Unser Politik-Experte José Narciandi stellt für euch die Fakten zusammen und benennt die entscheidenden Fragen zu diesem Thema.

Fakten zum Thema Migration

Will man die Knackpunkte beim Thema Migration verstehen, muss man sich die Zahlen ansehen:

  • 221.000 - so viele Menschen waren Ende vergangenen Jahres ausreisepflichtig. Das sagt das Bundesinnenministerium.
  • 179.000 - so viele Menschen haben in Deutschland einen sogenannten Duldungsstatus. Das heißt, sie können nicht abgeschoben werden, weil sie zu krank sind, ihr Heimatland die Aufnahme verweigert oder weil dort Krieg herrscht. 
  • 20.400 - das ist die Zahl der Menschen, die Deutschland im vergangenen Jahr abgeschoben hat. Ungefähr 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Geplante Abschiebungen gibt es aber viel mehr: Gut zwei Drittel von ihnen finden allerdings nicht statt - entweder aus medizinischen Gründen oder weil die Betroffenen Widerstand leisten oder die Fluggesellschaft die Beförderung verweigert.
  • 28 - so viele Straftäter hat Deutschland im vergangenen Jahr nach Afghanistan abschieben können. Etwas bis dahin Einmaliges.
  • 30 - um diese Prozentzahl ging die Zahl der Asylgesuche im vergangenen Jahr zurück, unter anderem wird das auf intensivere Kontrollen an den deutschen Grenzen zurückgeführt.

Migrationsdebatte in Deutschland: Worauf kommt es an?

Die gestiegene Zahl der Abschiebungen und die Tatsache, dass im Moment, Menschen die mutmaßlich kein Anrecht auf Asyl haben, an der Grenze schon zurückgewiesen werden, löst möglicherweise das Problem, dass viele Kommunen mit der Menge an geflüchteten Menschen oft nicht gut zurechtkommen. Aber weitere Probleme löst es nicht: Die Tatsache, dass weniger ins Land kommen, sorgt nicht unbedingt für mehr Sicherheit. Sowohl der Messerangriff von Aschaffenburg, als auch der in Solingen wurden von Verdächtigen begangen, die sich schon laut geltendem Recht nicht mehr in Deutschland hätten aufhalten dürfen. Eine Verschärfung von Gesetzen würde also nicht viel bringen - sondern viel mehr eine konsequente Umsetzung von Regeln, die es schon jetzt gibt. Und ein anderes Problem fällt dabei auf: Eine gewisse Zahl von Flüchtlingen kommt aus Kriegsgebieten, ist hoch traumatisiert und hat dadurch möglicherweise ein entgrenztes Verhältnis zum Thema Gewalt - da wäre eine psychosoziale Therapie oder Betreuung eine echte Hilfe. Damit es gar nicht erst zu Straftaten oder Gewalt kommt

Herbert Reul hat in NRW ein Programm namens "Periskop" eingeführt, das als eine Art Gewalttaten-Prävention von auffälligen Personen einsetzbar ist.© picture alliance/dpa | Christoph Reichwein
Herbert Reul hat in NRW ein Programm namens "Periskop" eingeführt, das als eine Art Gewalttaten-Prävention von auffälligen Personen einsetzbar ist.
© picture alliance/dpa | Christoph Reichwein

Migrationsdebatte in Deutschland: Könnte "PeRiskoP" helfen?

Eine Lösung dafür könnte eine Idee aus NRW sein. Seit vier Jahren gibt es in Nordrhein-Westfalen das Programm “PeRiskoP“. Es könnte eine Antwort auf die Frage sein, wie man Gewalttaten verhindern könnte. "Entweder, es gibt Hinweise an die Polizei - oder die Polizei lernt solche Menschen kennen und sagt: Der hat ja nicht nur eine Straftat begangen, der hat auch noch ein Problem."

NRW-Innenminister Reul ist stolz auf das PeRiskoP-Modell. Inzwischen gibt es das in ganz NRW. Die Idee ist ganz einfach. Wann immer die Polizei auf jemanden aufmerksam wird, der möglicherweise psychische Hilfe braucht, sei der Menschen nun Flüchtling oder nicht - greift eine Art Sicherheitsnetz, sagt Reul:

"Das heißt erstens: Die Polizei stellt fest oder kriegt den Hinweis, da ist jemand. Dann guckt die Polizei sich den genauer an. Und dann im dritten Schritt arbeitet sie zusammen mit Gesundheitsamt, Psychiatern oder Anderen, um über diesen ganz konkreten Fall zu reden und zu sagen: Entweder wir müssen uns kümmern, indem wir ihn schärfer in die Beobachtung nehmen - oder aber indem wir ihm auch die medizinische Hilfe zuteil werden lassen, die notwendig ist oder drittens, indem wir ihn in eine Einrichtung einweisen."

Daten zum "PeRiskoP"-Projekt vorgestellt

Nach Daten des Landeskriminalamtes NRW wurden seit Projektbeginn rund 7.400 Prüffälle in NRW bearbeitet. Im Moment sind insgesamt 362 Personen als Personen mit Risikopotential im Sinne des Konzepts eingestuft und werden entsprechend Betreut oder sogar therapiert. Beispiel: vor vier Jahren wurde die Polizei auf einen jungen Mann aufmerksam, der wiederholt Bücher zum Thema 'Amok' ausgeliehen hatte. Im Internet hatte er zudem Amoktaten angedroht. Im Rahmen von PeRiskoP konnte der Mann durch psychologische Behandlung stabilisiert werden. Das Modell könnte in ganz Deutschland funktionieren und Menschen aus Kriegsgebieten, die traumatisiert ist und auffällig werden herausfiltern, auch wenn NRW-Innenminister Reul betont, dass es auch Lücken gibt: "Das erwischt natürlich nur ein Teil der Leute, die herumlaufen. Und es ist auch keine 100prozent-Lösung, weil man bei psychisch kranken Menschen nie hundertprozentig sicher sein kann, ob da irgendwann etwas ausbricht und Gewalttätigkeit ausbricht. Aber man kann das Risiko minimieren. Nicht mehr und nicht weniger."

Autor: José Narciandi

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