Gewalt gegen Helfer: "Respekt beginnt im Alltag"
Veröffentlicht: Montag, 28.04.2025 09:28
Gewalt gegen Helfer nimmt zu. Respekt beginnt im Alltag. Wie #sicherimdienst Einsatzkräfte schützt und was Zivilcourage bedeutet.

Dankbarkeit im Einsatzalltag – eine Seltenheit
"Danke für Ihre Arbeit" – diese Worte hört Stefan Meuter von der Feuerwehr Rhein-Kreis Neuss leider viel zu selten. Als ihn ein Fremder beim Waschen des Feuerwehrautos einfach so ansprach und sich bedankte, habe ihn das tief berührt, erzählt Meuter. Auch Anne Herr von der Stabsstelle #sicherimdienst kennt solche Momente. Besonders rund um Feiertage wie Ostern falle vielen Menschen auf, wie viele Helferinnen und Helfer auch dann im Einsatz sind. Ein einfaches Lächeln oder ein kleines Dankeschön bedeute oft mehr, als man glaube, sagt die Psychologin.
Übergriffe auf Rettungskräfte nehmen zu
Doch die Realität sieht oft anders aus. Immer häufiger erleben Einsatzkräfte Übergriffe – körperlich wie verbal. Gerade im Rettungsdienst seien Tritte gegen das Personal oder sogar gegen Fahrzeuge keine Seltenheit mehr, berichtet Meuter. Patienten, die Hilfe benötigen, reagieren zunehmend aggressiv, diskutieren die Behandlung und eskalieren Situationen schneller. "Früher gab es Diskussionen kaum. Heute fliegen schneller die Fäuste", so Meuter.
Anne Herr spricht von einer "Google-Mentalität": Menschen hinterfragen Einsatzmaßnahmen sofort – und nicht immer auf sachlicher Ebene. Besonders dramatisch wird es, wenn Rettungskräfte sich in ihren eigenen Fahrzeugen verbarrikadieren müssen und erst auf Polizeischutz warten können.
Wie #sicherimdienst Beschäftigte schützt
Die Stabsstelle #sicherimdienst, in der Anne Herr tätig ist, wurde 2021 von der Landesregierung NRW ins Leben gerufen. Ziel: Ein Netzwerk schaffen, das alle Bereiche des öffentlichen Dienstes miteinander vernetzt und ihnen hilft, Übergriffe besser zu verhindern und aufzuarbeiten. Schulen, Bürgerämter, Krankenhäuser – sie alle profitieren von Handlungsempfehlungen zu baulichen Maßnahmen, Schulungen zur Deeskalation und Konzepten für die Nachsorge nach Vorfällen.
"Es geht darum, Gefahren früh zu erkennen", erklärt Herr. Frühwarnzeichen wie nervöse Bewegungen, lauter werdende Stimmen oder unruhiges Verhalten müssten ernst genommen werden. Wichtig sei, rechtzeitig den Rückzug anzutreten, Hilfe zu holen und kommunikativ auf Deeskalation zu setzen.
Zuschauer sind meist passiv – und sollten es auch bleiben
An Einsatzstellen zeigt sich ein weiteres Problem: Passanten beobachten zwar oft die Auseinandersetzungen, greifen jedoch selten ein. Stefan Meuter sieht darin aber keinen Fehler: "Wir sind genügend Leute, Polizei und Feuerwehr, die die Situation im Griff haben. Unbeteiligte sollten sich nicht selbst in Gefahr bringen." Dennoch könne jeder helfen – indem er Betroffenen Unterstützung anbietet oder den Notruf wählt, ergänzt Anne Herr.
Zivilcourage heiße nicht immer, sich dazwischen zustellen, sondern oft einfach, aufmerksam zu sein, Hilfe zu organisieren und gegebenenfalls Beobachtungen später als Zeuge zur Verfügung zu stellen.
Respekt als Grundlage für ein sicheres Miteinander
Für die Feuerwehrleute und Einsatzkräfte beginnt Respekt schon im Alltag, betont Meuter. Wer Einsatzfahrzeugen nicht den Weg versperrt oder ihre Arbeit bei einem Einsatz nicht behindert, zeige bereits Wertschätzung. "Wir wollen nur helfen. Das sollten alle respektieren", sagt der stellvertretende Kreisbrandmeister.
Auch Anne Herr sieht im respektvollen Umgang einen zentralen Ansatzpunkt: Im Kleinen beginnen, freundlich bleiben, Hilfe anbieten – und nicht vergessen, dass Menschen im Dienst oft schwierige Situationen meistern müssen.
Hilfe für Betroffene: Niemand muss alleine bleiben
Wer im öffentlichen Dienst Übergriffe erlebt oder sich unsicher fühlt, findet in #sicherimdienst eine erste Anlaufstelle. "Schon das Bauchgefühl, dass etwas nicht stimmt, sollte ernst genommen werden", so Herr. Führungskräfte müssten achtsam sein, das Gespräch suchen und Hilfestellungen bieten.
Meuter unterstreicht, wie wichtig eine nachhaltige Betreuung ist: "Wir begleiten unsere Leute bis zur Urteilsverkündung." Über die Staatsanwaltschaft Düsseldorf, die sich speziell um Gewalt gegen Amtsträger kümmert, wird sichergestellt, dass Betroffene nicht allein durch den schwierigen juristischen Prozess gehen müssen.