Gewalt im Amateur-Fußball - Immer weniger wollen Schiedsrichter werden
Veröffentlicht: Dienstag, 26.09.2023 16:22
Die Zahlen der Schiedsrichter im Westdeutschen Fußballverband haben sich in den letzten Jahren fast halbiert, gleichzeitig müssen viele Spiele wegen Gewalt abgebrochen werden.
Statistiken und Zahlen sind erschreckend, in der Saison 21/22 wurden knapp 1000 Spiele wegen Gewalt-Eskalationen in deutschen Amateurligen abgebrochen. Eine Folge scheint zu sein: Junge Menschen haben Angst als Schiedsrichter aufzulaufen. Die Zahl der Schiedsrichter im Westdeutschen Fußballverband hat sich zwischen 2006 und 2021 fast halbiert. Laut Recherchen des ZDF gibt es nur noch 44.800 Schiedsrichter im Verband. 2006 waren es noch 81.000.
Trainer, Spieler und Zuschauer sorgen in Teilen für mindestens eine unangenehme Atmosphäre und im schlimmsten Fall auch zu Diskriminierung und Gewaltausbrüchen gegen Schiedsrichter.
Wir haben mit Connor Przibylla gesprochen. Er ist seit circa zwei Jahren Amateur-Schiedsrichter und hat selbst schon heftige Situationen erlebt.
Heftige Gewaltaktionen im Amateurfußball
Connor persönlich ist zum Glück noch nichts Schlimmes passiert, allerdings hat er es bei einem jüngeren Schiedsrichterkollegen von ihm mitbekommen. Der 16-jährige wurde bei einem Jugendturnier Opfer eines Spieler-Vaters. Der Mann stürmte wutentbrannt auf das Spielfeld und schubste den Nachwuchsschiedsrichter zu Boden. Daraufhin gab es Rudelbildung und der 16-jährige Schiedsrichter wurde getreten und geschlagen. Connor findet die Situation auch im Nachhinein noch schrecklich; seinem Kollegen nicht helfen zu können. Das hat ihn sehr mitgenommen.
Problemmannschaften anders handhaben
Es sind aber nicht nur einzelne Elternteile, die sich mit den Schiedsrichtern anlegen, sondern auch sogenannte „Problemmannschaften“. Diese kämen von vorneherein mit Pöbelhaltung zu Spielen. Connor meinte, dass nicht nur die gegnerische Mannschaft froh sei, sobald das Spiel abgepfiffen wird, sondern auch er als Schiedsrichter. Bei besonders aggressiven Spielern muss man auch schneller zur Karte greifen, sagt er. Je routinierter man wird, und je besser man die Mannschaften kennt, umso mehr könne man einschätzen, wer sich dieses Mal schneller eine gelbe Karte abholt als andere.
Tipps für Nachwuchsschiedsrichter
Ruhig bleiben ist das wichtigste Mittel zur Deeskalation, meint Connor. Die Fouls pfeifen, die man sieht und nicht probieren ausgleichende Gerechtigkeit walten zu lassen. Wenn man z.B. vorher zwei Fouls für die Heimmannschaft gepfiffen hat, solle man sich nicht dazu verleiten lassen, deswegen auch zwei Fouls für die Gastmannschaft zu pfeifen. Auch das Auftreten sei sehr wichtig. Brust nach vorne, klare Haltung und den Krawallmachern aufzeigen, wo die Grenzen liegen. Das hat bei Connor bisher immer so funktioniert und er wünscht sich, dass nicht nur bei ihm, sondern auch seinen Kollegen in ganz Deutschland entsprechende Spielleitung belohnt wird. Wenn sich Spieler oder Zuschauer aber trotzdem nicht benehmen können, solle man Fehlverhalten einfach im Spielbericht erwähnen. Danach gebe es für unangemessene Aktionen Strafen.
Autor: Leo Arrighy