Hamas verpflichtet sich zu Freilassung weiterer Geiseln

Nahostkonflikt - Chan Junis
© Abed Rahim Khatib/dpa

Konflikt in Nahost

Gaza/Tel Aviv (dpa) - Im Streit um eine Fortsetzung der Waffenruhe zwischen Israel und der islamistischen Hamas zeichnet sich zumindest vorläufig eine Einigung ab. Die Hamas teilte mit, sie wolle am Samstag doch israelische Geiseln freilassen. Von israelischer Seite gab es jedoch zunächst keine Bestätigung über eine Einigung mit der Terrororganisation. 

Die Hamas teilte nach Vermittlungsgesprächen in Ägypten mit, sie sei der Umsetzung der Waffenruhe-Vereinbarung mit Israel verpflichtet. Dem Abkommen zufolge sollten drei Geiseln freigelassen werden. Damit dürfte die Krise bei der Umsetzung der Waffenruhe mit Israel vorerst beigelegt sein. 

Die Gespräche in Kairo seien positiv verlaufen, hieß es in der Mitteilung der Hamas weiter. Die Unterhändler Katar und Ägypten hätten versichert, dass sie weiterhin daran arbeiten würden, «Hindernisse aus dem Weg zu räumen».

Die Hamas hatte die eigentlich für Samstag vorgesehene Freilassung der nächsten Geiselgruppe zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben. Sie warf Israel vor, sich nicht an die Vereinbarung zur Waffenruhe zu halten. Israel wies dies entschieden zurück und drohte mit einem Neubeginn des Kriegs, sollten keine weiteren Geiseln freigelassen werden. Im Gegenzug für die Geiseln sollen wieder palästinensische Häftlinge freigelassen werden.

Streit um Hilfslieferungen

Nach Darstellung der Hamas wird Israel die Zahl der Hilfslieferungen, die in den zerstörten Gazastreifen einfahren dürfen, erhöhen. Außerdem dürften schwere Baumaschinen zur Räumung von Trümmern und Wohncontainer in das blockierte Küstengebiet gebracht werden. Ein Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu teilte dagegen mit: «Es gibt keine Einfuhr von Wohncontainern oder schweren Geräten in den Gazastreifen, und es gibt auch keine solche Abmachung.» Videoaufnahmen zeigten dagegen solche Container und Bulldozer an der Grenze zwischen Ägypten und dem Gazastreifen. 

Der Vorwurf der Hamas war, dass Israel Lieferungen von Wohncontainern, Zelten und schweren Baumaschinen zur Räumung von Trümmern nicht in ausreichendem Maße zulasse. Zudem seien in dem abgeriegelten Küstengebiet während der Waffenruhe 92 Palästinenser durch israelischen Beschuss getötet worden.

Die für Palästinenserangelegenheiten zuständige israelische Behörde Cogat wies die Vorwürfe zu den Hilfslieferungen zurück. Während der Waffenruhe seien rund 15.000 Lastwagen mit humanitärer Hilfe in den Gazastreifen gefahren, hieß es. Sie hätten Lebensmittel, Trinkwasser, Treibstoff, Medikamente, medizinische Ausrüstung, Zelte, Unterkünfte und schweres Räumgerät transportiert.

Katar kündigte an, weitere 15 Millionen Liter Treibstoff für den Gazastreifen bereitzustellen. Damit sollten Krankenhäuser und Notunterkünfte für Vertriebene mit Strom versorgt werden, hieß es in einem Bericht der Staatsagentur QNA. Insgesamt habe Katar damit 30 Millionen Liter Treibstoff für Gaza zur Verfügung gestellt.

Ultimatum Trumps und Netanjahus an die Hamas

US-Präsident Donald Trump und Netanjahu hatten der Hamas diese Woche ein Ultimatum gestellt, um die Freilassung der verbliebenen Geiseln zu erzwingen. Trump drohte, es werde die «die Hölle losbrechen», falls die Hamas die Geiseln nicht wie vereinbart freilasse. 

Netanjahu erklärte seinerseits, dass die israelische Armee die Kämpfe wieder aufnehmen werde, falls die Hamas die Geiseln nicht freilässt. Wie viele Geiseln freigelassen werden müssten, um einen neuen Waffengang zu verhindern, hatte Netanjahu dabei offengelassen.

Israelische Medien berichteten, die Regierung in Jerusalem fordere die Freilassung aller noch lebenden Geiseln, die während der ersten Phase der Vereinbarungen zur Waffenruhe und dem Geiseldeal freikommen sollten. Das wären neun Verschleppte. 

Höchstens 40 Hamas-Geiseln sind noch am Leben

Die Vereinbarung über die Waffenruhe und der Geiseldeal sehen eigentlich vor, dass während einer ersten Phase nach und nach 33 Geiseln gegen 1.904 in israelischen Gefängnissen inhaftierte Palästinenser ausgetauscht werden. Ohad Ben Ami, der bei der jüngsten Austauschaktion am Samstag gemeinsam mit zwei weiteren Männern freigekommen war, verließ inzwischen das Krankenhaus. Sein abgemagertes und schwaches Aussehen hatte in Israel für Entsetzen und Wut gesorgt. Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus besuchte Ben Ami eine Schule in Tel Aviv und dankte den Schülern dafür, dass sie sich für seine Freilassung aus der Geiselhaft eingesetzt hatten. 

Insgesamt werden gegenwärtig noch 76 Geiseln im Gazastreifen festgehalten. Nach israelischen Angaben sind 36 von ihnen nicht mehr am Leben, in ihrem Fall geht es also um die Übergabe der sterblichen Überreste. Zuletzt hatte die Hamas bei fünf Austauschaktionen insgesamt 16 israelische Geiseln freigelassen. Israel setzte im Gegenzug Hunderte palästinensische Häftlinge auf freien Fuß.

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Nahostkonflikt - Tel Aviv
Demonstranten fordern Freilassung von Hamas-Geiseln. © Oded Balilty/AP/dpa
Demonstranten fordern Freilassung von Hamas-Geiseln.
© Oded Balilty/AP/dpa
Benjamin Netanjahu
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu droht mit einer Fortsetzung des Gaza-Kriegs. (Archivbild)© Abir Sultan/Pool European Pressphoto Agency/AP/dpa
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu droht mit einer Fortsetzung des Gaza-Kriegs. (Archivbild)
© Abir Sultan/Pool European Pressphoto Agency/AP/dpa
Jordaniens König Abdullah II. in Washington
Jordaniens König Abdullah II. plädiert für einen Wiederaufbau des Gazastreifens ohne Vertreibung der Palästinenser.© Alex Brandon/AP/dpa
Jordaniens König Abdullah II. plädiert für einen Wiederaufbau des Gazastreifens ohne Vertreibung der Palästinenser.
© Alex Brandon/AP/dpa

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