Neue Berlinale-Chefin: Gala letztes Jahr war zu einseitig
Veröffentlicht: Dienstag, 11.02.2025 14:19
![Tricia Tuttle](http://www.antenneduesseldorf.de/externalimages/?source=jpg724/dpa-20090101-250211-935-446567.jpg&crop=0x85x2048x1280&resize=1280x800&dt=202502110601550)
Nach Eklat
Berlin (dpa) - Nach den Antisemitismus-Vorwürfen im vergangenen Jahr will die neue Berlinale-Chefin Tricia Tuttle das Filmfestival zum Ort des offenen Dialogs machen. «Je mehr die Debatte sich radikalisiert, desto dringender brauchen wir einen Ort für differenzierte Gespräche», sagte die Intendantin der «Neuen Osnabrücker Zeitung».
«Darum drehen sich all unsere Team-Absprachen, darauf trainieren wir die Moderatoren und dafür sensibilisieren wir auch unsere Gäste.» Man fordere ein respektvolles Gespräch und bestehe darauf, dass jeder seine Meinung äußern dürfe, sagte die Amerikanerin.
«Natürlich sehe ich eine rote Linie, wo es in den Antisemitismus kippt», sagte Tuttle. «Gleichzeitig ist es wichtig, im Gespräch zu bleiben und Komplexität zuzulassen.» Nach der Abschlussgala 2024 hatte es Kritik bis hin zu Vorwürfen von Israelhass und Antisemitismus gehagelt.
Tuttle kritisiert die Gala von 2024 als einseitig
Tuttle, die letztes Jahr noch nicht Berlinale-Chefin war, sagte, 2024 seien Fehler gemacht worden: Es sei nicht der Pluralismus erreicht worden, für den das Festival stehe. «Einem Teil unserer Community gegenüber haben wir es an Mitgefühl mangeln lassen. So einseitig wie auf der Preisgala dürfen wir nicht noch einmal werden.»
Als Beispiel nannte sie den Schauspieler David Cunio, der 2013 einen Film auf der Berlinale gehabt habe und nun Geisel der islamistischen Hamas sei. «Wenn wir auf der Gala für ihn eingetreten wären - worum wir mehrfach gebeten wurden -, dann hätte es den Tonfall des Abends schon verändert.» In diesem Jahr zeige man den Film «A Letter to David», der von David Cunio handele.
«Ich werde mich entschuldigen»
«Unabhängig vom Film werde ich mich dafür entschuldigen, dass wir letztes Jahr nicht die Stimme erhoben haben», sagte Tuttle in Bezug auf Cunio im Interview der Zeitung «Jüdische Allgemeine». Auf Nachfrage konkretisierte sie, sie plane «eine persönliche Entschuldigung bei David Cunio und seiner Familie.»
Tuttle sei, so schreibt es die «Jüdische Allgemeine», sechs Wochen nach dem Hamas-Massaker am 7. Oktober als Chefin berufen worden. Den Skandal nach der letzten Berlinale-Preisverleihung verfolgte sie noch als Beobachterin. Für ihre eigene Arbeit habe sie «eine Million Dinge» daraus gelernt, sagte sie.
«Ich habe im vergangenen Jahr bestimmt 50 Prozent meiner Zeit damit verbracht, mit Menschen darüber zu reden, was passiert ist. Die größte Lektion ist, dass diese Themen überall eine komplexe Debatte auslösen, aber in Deutschland noch einmal mehr. Und dann auf diesem Festival, das dafür berühmt ist, politisch zu sein.»